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Augen auf beim Werkdienstvertrag
Bevor man sich versieht, hat man einen neuen Mitarbeiter – ungewollt.
Es gehört zu den Wesensmerkmalen einer alternden Gesellschaft, dass Tarifverträgen es zunehmend erschweren, auf Herausforderungen einer globalisierten Wirtschaft schnell zu reagieren.
Das hat zur Folge, dass die eigene Wettbewerbsfähigkeit leidet oder – gedacht für den Bereich der öffentlichen Arbeitgeber – dass die zur Verfügung stehendenFinanzmittel nicht mehr ausreichen, um die Aufgaben zu erfüllen.
In dieserSituation soll die Auslagerung von Tätigkeiten Abhilfe schaffen (Outsourcing). Mithilfe dieses Mittels ist es dann möglich, wettbewerbsfähig zubleiben beziehungsweise im Rahmen des vorhandenen Finanzbudgets die Aufgaben zu erfüllen.
Doch Obacht.
Wer vergisst, dass das Arbeitsrecht nach dem Selbstverständnis derArbeitsgerichtsbarkeit Arbeitnehmerschutzrecht ist, gerät schnell vom Regen in die Traufe, soll heißen, die Kosten bleiben, werden tendenziell sogar noch höher. Woran liegt das und wie kann man es vermeiden?
Es gibt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Dieses Gesetz enthält den berüchtigten § 9. Der § 9 AÜG enthält Bestimmungen, nach denen – ungewollt – ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher einer Arbeitskraft und dem ausgesandten Mitarbeiter als zustande gekommen gilt, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen bzw. nicht vorliegen.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a) AÜG sind unwirksam Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Abs. 1 Satz 5+6 AÜG die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist. Darüber hinaus haben nach der genannten Vorschrift Verleiher und Entleiher die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen.
Diese Vorschrift wird häufig übersehen, wenn ein Unternehmen bzw. eine öffentliche Dienststelle einen bestimmten Arbeitsbereich auslagern will. Dann wird in aller Regel zwischen dem Unternehmen und einem Dienstleister ein so genannter "Werkdienstvertrag" abgeschlossen. Durch diesen verpflichtet sich der Dienstleister dazu, eine bestimmte Leistung für den Vertragspartner zu erbringen. Das kann z.B. im Bereich des Baus von Kreuzfahrtschiffen der Einbau von Kabinen-Einrichtungen sein oder im Falle von Museen die Übertragung des Aufsichtsdienstes in den Ausstellungssälen. Bei solchen Verträgen haben die Vertragsschließenden nicht von Ferne die Absicht, ein so genanntes "Leih-Arbeitsverhältnis" zu begründen.
Die Arbeitsgerichte tendieren aber dazu, dann, wenn die vom dienstleistenden Unternehmen entsandten Mitarbeiter direkt Arbeitsanweisungen vom Unternehmen oder der Dienststelle / dem Museum erhalten, von einer Arbeitnehmerüberlassung auszugehen. Und dann kommt das Fallbeil von § 9 AÜG.
Was dieses Fallbeil bewirkt, ist in § 10 AÜG geregelt.
Es kommt nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ein Arbeitsverhältnis direkt zwischen dem eingesetzten Arbeitnehmer und dem bestellenden Unternehmen / der Dienststelle zustande. Lebenspraktisch hat dann also das Unternehmen, das eine Dienstleistung nach außen vergeben wollte, mit einem Mal einen Mitarbeiter mehr an Bord und muss ihn nach den für das Unternehmen geltenden Tarifverträgen entlohnen. Das ist also genau das, was vermieden werden sollte.
Wie kommt man um diese Klippe herum? Das Arbeitsgericht wird immer prüfen, wie die Tätigkeit der Person, die im Unternehmen eine bestimmte Leistung ausführen sollte (die Kreuzfahrtschiff-Kabinen einrichten), lebenspraktisch erfolgte. Es kommt also auf die Vertragspraxis an.
Und dabei hebt das Arbeitsgericht darauf ab, ob die eingesetzte Person Anweisungen direkt von dem Unternehmen, das die Dienstleistung erstellte, erhielt. Es geht also darum, inwieweit die eingesetzte Person in den Betrieb des Unternehmens eingegliedert wurde.
Ganz gefährlich ist es, wenn dabei Arbeitsgerätschaften und/oder Arbeitskleidung vom Unternehmen gestellt wurden und nicht von der Firma, die die Person in Erfüllung des Vertrages entsandte.
Also:
Eingliederung in den Betrieb des Unternehmens ist schädlich. Als Indizien hierfür wird z.B. angenommen, wenn gemeinsame Pausen- oder Umkleideräume bestehen, wenn Dienstpläne für die entsandte Person vom Unternehmen erstellt oder wenn disziplinarische Anweisungen vom Unternehmen erteilt wurden.
Feinstreifig ist allerdings davon zu unterscheiden, dass das bestellende Unternehmen zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrages sehr wohl der eingesetzten Person Weisungen erteilen kann - jedoch nur soweit sie sich auf die Ausführung des Werkes erstrecken. Was heißt denn das?
Unzulässig, weil gefährlich wäre es z.B., wenn die entsandte Person regelmäßig zu spät kommt oder schon während der Arbeitszeit reichlich Bier in sich hineinschüttet. Eine Ermahnung gerichtet an die Adresse der eingesetzten Person wäre höchst schädlich. Geboten ist in diesem Fall eine Beschwerde bei dem Unternehmen, mit dem man den Vertrag oder die Dienstleistung abgeschlossen hat.
Zulässig wäre es z.B. im Kreuzfahrtschiff-Fall eine Anweisung, dass Bohrungen für die Einrichtung eine bestimmte Tiefe nicht überschreiten dürfen, um das Schiff nicht Leck schlagen zu lassen. Im Museums-Fall könnte also die Anweisung erteilt werden, z.B. eine KunstInstallation in bestimmter Weise einzuschalten oder dafür zu sorgen, dass Besucher einen bestimmten Mindestabstand nicht unterschreiten.
Selbst bei Corona-Maßnahmen ist Vorsicht geboten: Die Überlassung von Corona-Schutzbekleidung oder Gerätschaften oder die Anweisung, sich in bestimmter Weise zu verhalten, sollte tunlichst über das Unternehmen erfolgen, mit dem der Werk-Dienstleistungsvertrag abgeschlossen wurde.
FAZIT:
Mit den entsandten Personen so wenig Kontakt wie möglich. Der sichere Weg besteht darin: Alles abzuwickeln über den Vertragspartner.